Betrachtet man die Aktienkurse und VC-Investitionen, war es kein gutes Jahr für Technologie-Unternehmen – weder im Public noch im Private Market. Krieg in Europa, die daraus entstandene Energie-Krise und makroökonomische Folgen wie die Inflation und Zinserhöhung zu Panikverkäufen bei Investoren und schickten Tech-Aktien auf Talfahrt. Daraufhin wurden auch Private Equity und Venture Capital Investoren zunehmend vorsichtiger und zurückhaltender – 2022 war ein schwieriges Jahr im Fundraising für Startups.

Ist der “Tech-Boom” vorbei? Nein – das Gegenteil ist der Fall! Innovation ist auch in 2022 exponentiell gewachsen.

Einige der wichtigsten Technologie-Plattformen unserer Zeit - Künstliche Intelligenz, Synthetische Biologie, Fusionsenergie – haben in 2022 wichtige Meilensteine erreicht.

Betrachtet man die Entwicklung dieser Technologien, befinden wir uns gerade an einem Wendepunkt, der in vielen Fällen eine exponentielle Entwicklung mit sich bringt. Insbesondere die Fortschritte bei der Künstlichen Intelligenz haben mich im vergangenen Jahr beeindruckt und zeigen, dass der Trend sich auch in 2023 fortsetzen wird.

Das waren die technologischen Durchbrüche in 2022

ChatGPT

Die wohl bekannteste Entwicklung im Bereich KI ist der Chatbot ChatGPT von OpenAI, der seit Ende November für die Öffentlichkeit verfügbar ist und beeindruckende Ergebnisse liefert. Fragt man ChatGPT, was die größten Durchbrüche im Bereich Künstliche Intelligenz in den letzten Jahren waren, liefert das Modell folgende Antwort:

In den letzten Jahren gab es viele bedeutende Fortschritte und Durchbrüche in der Künstlichen Intelligenz. Einige Beispiele für wichtige Entwicklungen sind:

  1. Die Verbesserung der Leistung von maschinellem Lernen durch die Verwendung von neuen Algorithmen und Techniken wie tiefes Lernen und neuronale Netze.

  2. Der Einsatz von KI in immer mehr Bereichen, darunter Gesundheitswesen, Finanzdienstleistungen, Transport und Logistik, Einzelhandel und viele mehr.

  3. Der Fortschritt bei der Entwicklung von Sprach- und Bilderkennungssystemen, die in der Lage sind, menschenähnliche Leistungen zu erbringen.

  4. Die Verbesserung der Fähigkeit von KI-Systemen, komplexe Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen, indem sie auf Erfahrungen und Daten aus der Vergangenheit zurückgreifen.

  5. Der Einsatz von KI in der Robotik, um Maschinen und Roboter zu entwickeln, die in der Lage sind, Aufgaben zu erledigen, die für Menschen gefährlich oder schwierig sind.

Dies sind nur einige Beispiele für Fortschritte und Durchbrüche in der Künstlichen Intelligenz. Es gibt viele weitere Bereiche, in denen KI zu wichtigen Fortschritten beigetragen hat und in Zukunft noch beitragen wird.

Seit der Veröffentlichung von ChatGPT wird das Modell stetig weiter optimiert. So konnte man zum Beispiel anfangs mit ein paar einfachen Tricks die Sicherheitssysteme des Modells umgehen, um z.B. eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zu bekommen, wie man eine Bombe baut oder ein Auto kurzschließt. Hier ein unterhaltsamer Twitter Thread zu dem Thema:

Inzwischen funktionieren die meisten dieser Workarounds nicht mehr. Was bleibt, ist die Ungewissheit darüber, wie die KI die Daten verarbeitet, die man in das Modell hineingibt. Wir gehen davon aus, dass ChatGPT sich jetzt, wo es bereits von über einer Million Menschen genutzt wird, exponentiell entwickeln wird. Je mehr Input eine KI zur Verfügung gestellt bekommt, desto schneller kann sie lernen. Ich bin gespannt, wohin die Reise für ChatGPT in 2023 geht und welche konkreten Anwendungsfälle hier entstehen werden.

Fakt ist: ChatGPT ist erst der Anfang. Im Herbst wurde mit Ray, OpenAI’s Technologie für maschinelles Lernen, der nächste Meilenstein erreicht: Ray 2.0. Das Update soll den Aufbau und die Verwaltung großer KI-Workloads vereinfachen, was in 2023 zu noch größeren Fortschritten im Bereich AI führen dürfte.

Neue Medikamente dank Protein Prediction

Beinahe jede Reaktion in unserem Körper beinhaltet Proteine. Viele chronische oder tödliche Krankheiten wären besser therapierbar, wenn wir verstehen würden, wieso bestimmte Proteine sich so verhalten, wie sie es tun. Mit AlphaFold2 hat KI-Vorreiter DeepMind eine Software entwickelt, die die Form von Proteinen extrem präzise vorhersagen kann. Mit dem Spin-Off Isomorphic Labs will DeepMind mit existierenden Pharmakonzernen kooperieren, um mithilfe von AlphaFold2 neue Medikamente zu entwickeln. Zuvor entwickelte DeepMind das Computerprogramm AlphaGo und erreichte damit 2015 erstmalig einen wichtigen Meilenstein in der KI-Entwicklung: Das Computerprogramm besiegte einen professionellen, menschlichen Spieler in dem Logikspiel Go. Seitdem hat das Unternehmen seine KI-Forschung auf den Medizinbereich konzentriert und könnte schon bald einen wichtigen Teil dazu beitragen, bislang unheilbare Krankheiten zu therapieren.

Blutkrebs Patienten sprechen auf CRISPR Therapie an

Ein weiterer Durchbruch im Medizinbereich geschah 2022 in der Gen-Sequenzierung, genauer gesagt bei CRISPR.

Zwei Drittel der an Blutkrebs erkrankten Patienten, die in Österreich mit der Car-T-Zelltherapie behandelt werden, sprechen auf die Behandlung an und haben somit gute Therapiechancen.

Bei der Car-T-Zelltherapie werden körpereigene Abwehrzellen so verändert, dass sie in der Lage sind, gegen die Leukämiezellen anzukämpfen. Auch hier kommt eine KI-Plattform zum Einsatz, die dabei unterstützt, die passenden Modellierungen der Abwehrzellen zu identifizieren, um die betroffenen Zellen, nicht aber gesunde Zellen anzugreifen.

Netpositive Fusion

Die wichtigste Aufgabe der heutigen Zeit ist es, eine nachhaltige Energieversorgung zu schaffen. In 2022 hat das Thema – neben den bekannten Faktoren Klimawandel und Erdraub – durch politische Ereignisse noch mal zusätzlich an Dringlichkeit gewonnen.

Wir müssen dringend von Kohle und Gas auf erneuerbare Energiequellen umsteigen. Da hierfür große Speicherkapazitäten und ein stabiles, intelligentes Netz benötigt werden, wird es meiner Einschätzung nach Atomkraft als Brückentechnologie brauchen. Bis die nötigen Speicherkapazitäten aufgebaut sind, werden noch einige Jahre vergehen, insbesondere, wenn die politische Unterstützung zum Ausbau hier weiterhin auf sich warten lässt.

Perspektivisch wird uns die Kernfusion – ähnlich wie die Sonne – eine nachhaltige und sichere Energiequelle liefern. Geforscht wird in diesem Bereich schon seit vielen Jahrzehnten, bislang besteht die größte Herausforderung darin, die Fusion aufrechtzuerhalten. Um die Reaktion auszulösen, müssen Wasserstoffatome innerhalb von kürzester Zeit auf mehrere Millionen Grad Celsius erhitzt werden. Die Reaktion selbst läuft bei 100 Millionen Grad Celsius ab. Da kein Material der Welt diesen Temperaturen standhält, braucht es magnetische Felder, die das Plasma innerhalb eines Reaktors in Form halten, sodass es die Wände nicht berührt. Dies ist ein hochkomplexer Prozess, der mithilfe einer KI-Software gesteuert wird.

Im Dezember 2022 wurde in einem Reaktor in Kalifornien bei einer Kernfusion erstmalig mehr Energie generiert, als benötigt wurde, um die Reaktion zu starten. Man spricht hier von Net positive Fusion. Dies ist ein bedeutender Durchbruch für die Energieversorgung. Bis wir Kernfusion als zuverlässige Energieversorgung nutzen können, werden zwar noch einige Jahrzehnte vergehen, doch wenn es erstmal so weit ist, haben wir eine der größten Herausforderungen der Menschheit gelöst.

Ethereum wechselt zu POS

Das Blockchain-Konzept ermöglicht es, Daten verteilt und zuverlässig zu speichern, ohne zentrale Instanz. Eine der größten Herausforderungen in diesem Bereich war bislang der hohe Energieverbrauch, der insbesondere auf die enormen benötigten Rechenkapazitäten für die Proof-of-Work-Validierungen zurückzuführen ist. Mit Ethereum wechselte in 2022 die zweitgrößte Blockchain erfolgreich im laufenden Betrieb von Proof of Work zu Proof of Stake. Dadurch sinkt der Energieverbrauch von Ethereum um 99%.

Hier spricht Richard aus dem 10xDNA Research Team zum Merge und den Folgen:

Das sind nur ausgewählte Beispiele, wir haben in 2022 Hunderte relevante technologische Sprünge gesehen.

Diese technologischen Durchbrüche erwarten wir in 2023

Autonomes Fahren

Ein weiterer Bereich, in dem KI eine wichtige Rolle spielt, ist Autonomes Fahren. Hier erwarten wir, in 2023 einen wichtigen Wendepunkt zu erreichen. Mit einer wachsenden Flotte an Autos und Daten wird das FSD-System von Tesla sich exponentiell entwickeln und schon sehr bald wird die Technologie in einem Stadium sein, in dem das Auto komplett autonom Entscheidungen treffen kann. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen werden bereits geschaffen: In Deutschland tritt 2023 ein neues Gesetz in Kraft, das Autonomie Level 3 Fahrten bis zu einer Geschwindigkeit von 130km/h teilweise ermöglicht.

Krebs-Medikamente

Wir gehen davon aus, dass die positiven Neuigkeiten aus 2022 in der Krebstherapie sich in 2023 fortsetzen werden. Für uns ist die zellbasierte Krebstherapie eine der aussichtsreichsten Technologie-Plattformen der heutigen Zeit. Deshalb sind wir sowohl mit 10xDNA als auch mit Freigeist in diesem Bereich investiert und werden unser Exposure weiter erhöhen, sofern sich die richtigen Investitions-Opportunitäten ergeben.

Im aktuellen 10xDNA Fonds-Update spreche ich unter anderem über unsere Investments im Zelltherapie-Bereich:

Energie

Bedingt durch die aktuellen politischen Entwicklungen und die Energiekrise gehen wir davon aus, dass in 2023 die entscheidenden politischen Impulse gesetzt werden, um den Ausbau von Speicherkapazitäten und den Aufbau eines intelligenten Netzes zu unterstützen. Nur so werden wir langfristig auf erneuerbare Energien umstellen und uns von Kohle und Gas unabhängig machen können.

Walk the Talk

Auch in unserem Freigeist Portfolio wurden in 2022 bedeutende Meilensteine erreicht.

Unser Energiespeicher-Startup Kraftblock konnte in 2022 mit PepsiCo einen wichtigen Partner für ein Dekarbonisierungsprojekt gewinnen. Mit den Speichersystemen von Kraftblock können bestehende Produktionen auf erneuerbare Energiequellen umgerüstet und überschüssige Abwärme nutzbar gemacht werden. So kann Kraftblock einen wichtigen Teil dazu beitragen, jetzt zunehmend Gas & Kohle einzusparen.

Mit EnduroSat haben wir in 2022 im Rahmen von zwei Shared Satellite Missions die ersten Nanosatelliten ins All gebracht und so bereits vielen Unternehmen und Forschungsprojekten Zugang zu wertvollen Daten aus dem All geschafft. Für 2023 stehen bereits 10 weitere Missionen an.

Robco konnte in 2022 den US-Fonds Sequoia Capital für die Series A gewinnen und ca. 13 Millionen Euro frisches Kapital einsammeln. Mit dem Geld und dem neu dazugewonnenen Netzwerk und Expertise will Robco jetzt die nächsten Schritte gehen, um unserem Mittelstand den Einstieg in die dringend notwendige Automatisierung zu ermöglichen und zu einem Marktführer im Bereich Roboter-Lösungen für KMUs zu werden.

Scanbot konnte durch AI seine Scan-Geschwindigkeit und Genauigkeit erhöhen. Das Beste: die neue Architektur lernt stetig dazu.

Außerdem durften wir in 2022 zwei neue, spannende Projekte in unserem Freigeist-Porftolio willkommen heißen.

LekoLabs baut Co2-negative Häuser und Büros mithilfe von innovativer KI- und Robotik-Technologie und will damit einen positiven Impact in der Bauindustrie haben, die aktuell für 39% der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist.

Mit ProSion haben wir unser erstes Investment im BioTech-Bereich getätigt. Das Kölner Unternehmen hat eine Technologie-Plattform erschaffen, die es ermöglicht, Medikamente gezielt für bislang unerreichbare Proteine zu entwickeln und so perspektivisch chronische Krankheiten wie Krebs, Diabetes und Alzheimer zu behandeln.

Zum Freigeist Portfolio

10xDNA

Auch wenn 2022 von hoher Volatilität für unser Portfolio geprägt war, die meisten Unternehmen aus unserem 10xDNA-Portfolio entwickeln sich in der Realität hervorragend. Hier drei Beispiele:

Tesla ist zu einem der profitabelsten Autobauer der Welt geworden und wird mit wachsenden Produktionskapazitäten seine Bruttomargen weiterhin erhöhen. Die Produktionskapazität konnte in 2022 um ca. 50% gesteigert werden. Im November lieferte Tesla seinen ersten Semi LKW an den Getränkekonzern PepsiCo aus und begann somit, einen weiteren Wachstumsmarkt zu erschließen. In 2022 startete die Produktion der wichtigen 4680er Batterien. Das Supercharger-Netzwerk wurde auf über 40.000 Ladestellen ausgebaut. Tesla Energy wächst zu einem bedeutenden Teil des Autokonzerns heran. Auch im Bereich Autonomes Fahren ging es 2022 voran: Knapp 300.000 Tesla Fahrer verwenden jetzt die FSD Beta in den USA. Außerdem wurde mit dem Tesla Bot ein neues Produkt präsentiert, dies sollte aber frühestens in 2025 Umsätze bringen :-)

Soitec konnte seine führende Stellung im Wachstumsmarkt SOI-Halbleiter verteidigen und im Fiskaljahr 2022 einen Umsatz von € 1 Mrd. generieren (+48% YoY). Mit 35,5% hat Soitecs EBITDA-Marge in Q4 einen neuen Rekordwert erreicht. Die Silicon-on-Insulator Wafer von Soitec ermöglichen eine bessere Energieeffizienz der Chips, schnelleres Schalten der Transistoren und die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Anwendungsmodi umzuschalten. Anwendungsfälle finden diese z.B. in den Sektoren 5G, Automobil, und IoT. Weiteres Potenzial bietet der Bereich Silicon Carbide (SiC), in dem Soitec durch seine jahrzehntelange Erfahrung in der SOI-Technologie einen strategischen Vorteil besitzt. Aktuell erwarten wir, dass Soitec seine Technologie auch hier einsetzen können wird, was den Markt für SiC-Substrate revolutionieren kann.

Carbios ist aus unserer Sicht Technologieführer im Bereich PET-Recycling. Mit seiner neuartigen, enzymbasierten Technologie konnte Carbios in 2022 wichtige Partnerschaften mit namhaften Marken aus dem Textilbereich schließen, darunter On, Patagonia, Puma und Salomon. Die Nachfrage nach nachhaltig hergestellten Materialien wird auch in den kommenden Jahren weiter wachsen. Erst kürzlich hat Carbios die Erweiterung seiner Partnerschaft mit Novozymes bekanntgegeben, das zukünftig exklusiver Partner für die Entwicklung, Optimierung und Produktion der Enzyme für alle Carbios-Lizenznehmer weltweit sowie für die Carbios-eigene PET-Recyclingfabrik in Longlaville sein wird.

Hier ein aktuelles, sehr spannendes Gespräch mit dem Carbios CEO, Richard und mir:

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