Elon Musk hat Anfang März in Nevada eine neue Firma namens X.AI gegründet, mehr als 10.000 GPUs von Nvidia gekauft und mit Igor Babuschkin und Manuel Kroiss zwei führende Köpfe der KI-Forschung für sein Team gewonnen, die zuvor u.a. bei OpenAI und Deepmind tätig waren.
Die Köpfe hinter X.AI
Elon selbst hatte OpenAI 2015 gemeinsam mit dem jetzigen CEO Sam Altman als Non-Profit-Organisation gegründet und 100M$ gespendet. Er wollte ethischen Fragestellungen der KI-Forschung und KI-Sicherheit nachgehen, weil er die “Übermacht” von Google fürchtete. Schon seit Jahren warnt er vor einer übermächtigen KI, die in der Lage wäre, die Menschheit auszulöschen. 2018 verließ er das Board von OpenAI, um mögliche Interessenskonflikte zu vermeiden, da Tesla im Rahmen seiner FSD-Technologie immer tiefer in die KI-Forschung einstieg.
Inzwischen ist OpenAI keine reine Nonprofit-Organisation mehr, die Technologie nicht mehr vollständig open source, und Microsoft hat im Januar ein weiteres Investment in Höhe von 10 Milliarden Dollar angekündigt. Laut CNBC soll Microsoft mit dem Deal zunächst 75% des Profits von OpenAI erhalten, bis das Investment zurückgezahlt worden ist. Danach sollen Microsoft 49% an OpenAI gehören.
Elon hat sich bislang nur in einem kurzen Fox News Interview zu seinem Vorhaben mit X.AI geäußert und dort die Entwicklung von OpenAI hin zu einem closed source Full-Profit Unternehmen kritisiert, da er OpenAI als Gegengewicht zu Google und Deepmind gegründet habe. Zum Start hatte er 100 Millionen Dollar an das damalige Non-Profit gespendet.
TruthGPT
Im Interview spricht Elon von TruthGPT als Alternative zu ChatGPT, die als oberste Priorität die Wahrheit vermitteln soll. Laut ihm ist ChatGPT als “politisch korrektes” Sprachmodell nicht immer angehalten, die ungefilterte Wahrheit zu sagen. Hinzu kommen die sogenannten Halluzinationen und Falschaussagen, für die das Sprachmodell schon mehrfach kritisiert wurde.
TruthGPT soll darauf trainiert werden, das Universum verstehen zu wollen. Dadurch will Elon sicherstellen, dass die KI uns Menschen nicht irgendwann auslöschen möchte, denn:
“an AI that wants to understand the universe is less likely to annihilate humanity because we are an interesting part of the universe” – Elon Musk
In meinen Augen ist Elon einer der größten Vordenker und Unternehmer unserer Zeit. Bislang habe ich allerdings keine Idee, wie er den Vorsprung der großen Player (Google & Deepmind, Microsoft & OpenAI, Baidu) aufholen möchte, insbesondere was die Trainingsdaten angeht.
Laut Financial Times könnten u.a. Twitter-Daten als Trainingsdaten für das Sprachmodell TruthGPT verwendet werden – 3 Gründe sprechen für diese Theorie:
-
Twitter Inc. wurde kürzlich in X Corp. umbenannt.
-
Paypal, ebenfalls von Elon gegründet, hieß früher X.com
-
Im Oktober 2022 spricht Elon vom Twitter-Kauf als Teil von seinem Plan, eine App namens X zu gründen = The everything app, ähnlich zum chinesischen WeChat
Hier stellt sich die Frage, wie eine KI, die mit Twitter-Daten trainiert wird, den Unterschied zwischen Wahrheiten und Fake News lernen soll und wie das Team sicherstellen kann, dass keine Bias entsteht. Wie wir alle wissen, ist Twitter ein politisch und ideologisch sehr aufgeladenes Umfeld. Das letzte Mal, als ein Chatbot mit Twitter-Daten trainiert wurde, musste das Projekt sehr schnell wieder eingestellt werden. Der damals von Microsoft ins Leben gerufene Chatbot Tay entwickelte sich innerhalb eines Tages zu einem rassistischen, antifeministischen Hate-Bot.
Ich habe noch keine finale Meinung zu dem neuen Vorhaben von Elon – wie schon beim Twitter-Kauf schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Einerseits traue ich ihm zu, dass er mit seinem Mindset, seinem visionären Denken und seiner herausragenden unternehmerischen Leistung das bessere Produkt bauen kann.
Andererseits glaube ich, dass gesellschaftliche und politische Themen nicht zu seinen Stärken zählen und es hier bei LLMs viele Überschneidungen gibt.
Mich interessiert eure Meinung – was haltet ihr von TruthGPT und der Idee von einer “everything app” namens X? Lasst uns in den Kommentaren in den Austausch gehen!
Welche Folgen hat KI für Musiker und Künstler?
Am Dienstag ging auf Twitter ein Musikvideo viral, in dem ein KI-Modell die Stimmen von Drake und The Weeknd erstaunlich gut imitiert hatte. Inzwischen wurde das Video von allen Streaming Plattformen genommen, Grund war ein Copyright Claim der Universal Music Group, die die beiden Künstler unter Vertrag hat.
Dieser Vorfall wird einen spannenden Diskurs anstoßen: Wie können Künstler zukünftig ihre Stimmen vor “Diebstahl” sichern? Wer ist hier in der Verantwortung? Neben Deep Fakes, Fake News und fehlerhaften Outputs ist das eine weitere Herausforderung, der wir uns als Gesellschaft stellen müssen.
Angst vor übermächtiger KI vs. Papierwahnsinn & Fax
Wir befinden uns in einer wirklich spannenden Zeit: Auf der einen Seite haben viele (zu Recht) Respekt vor der exponentiellen Entwicklung von KI, auf der anderen Seite versenden wir in vielen deutschen Unternehmen noch immer Faxe. Dieser Spagat ist für mich manchmal kaum zu greifen – ich beschäftige mich seit über 20 Jahren tagtäglich mit den neusten Technologien und mein Team versucht jeden Tag, mithilfe von Software und Automatisierung besser und effizienter zu werden.
Wann immer ich einen Einblick in deutsche Unternehmen bekomme, die das anders handhaben, bin ich schockiert. Natürlich brennt nicht jeder so sehr für Technologien, wie ich das tue, aber ich bin überzeugt, dass jeder sich damit auseinandersetzen sollte, um in Zukunft noch relevant und wettbewerbsfähig zu bleiben. Wie bekommen wir es also hin, die breite Masse abzuholen, damit von diesen Entwicklungen nicht nur ein kleiner Teil unserer Gesellschaft profitiert? Was muss sich in unserem Bildungssystem und in unseren Unternehmen ändern? Braucht jedes Unternehmen zukünftig eine KI-Abteilung? Auch das sind Fragen, die wir uns in meinen Augen stellen sollten.
Ein weiterer interessanter Aspekt hierzu ist die Frage nach den globalen Machtverteilungen in diesem Bereich. Palantir-CEO Alex Karp setzt sich mit seiner Plattform für ein AI-Advantage im Westen ein und hat hierzu mit CNBC gesprochen:
Apple macht den nächsten Schritt hin zur größten Bank der Welt
Apple baut sein Engagement im Bankensektor aus und bietet US-Applepay-Kunden zukünftig ein Sparkonto mit 4,15% Zinsen an – das ist in etwa das Zehnfache von dem, was US-Banken aktuell im Durchschnitt anbieten. Ein weiterer Vorteil des Apple-Sparkontos ist das einfache Setup: Die Apple Wallet ist auf jedem iPhone vorinstalliert und das Konto lässt sich in wenigen Schritten ohne Papierkram eröffnen. Bis zu 250.000 Dollar sollen Applepay-Kunden zunächst in das Sparkonto einzahlen können.
Freigeist Update: Was ist bei Lilium los?
Viele von euch wollen sicher wissen, wie es nach dem Tech-Selloff mit Lilium weitergeht. Vorab: Dem Unternehmen geht es – soweit ich das beurteilen kann – gut und ich bin nach wie vor investiert. Das Team liefert die versprochenen Ergebnisse und der Jet soll bis 2024 bemannt fliegen. Die Nachfrage im Markt ist stark.
Nächste Woche werde ich das Team im Headquarter bei München besuchen und dort mit Gründer Daniel Wiegand und dem neuen CEO Klaus Roewe eine neue Folge für meinen Innovation Pulse Podcast aufnehmen. Ich stelle den beiden gerne eure Fragen – schreibt sie in die Kommentare!
Busy Weeks
Die letzten Wochen war viel los: Ich war mit Nathalie in Brasilien, habe mit Siemens CEO Roland Busch auf Instagram zu Innovationen gesprochen, gemeinsam mit Telekom CEO Tim Höttges und Palantir CEO Alex Karp die Eröffnung der “Dimensions” Kunstausstellung in Leipzig besucht, und war bei der Eröffnung der Trisor-Filiale in Köln und am Tegernsee zu einem KFO Kongress mit Nathalie. Jetzt freue ich mich auf hoffentlich ruhigere Wochen am Schreibtisch, um in Ruhe zu arbeiten und zu denken :-)
Medien- und Tool-Empfehlungen:
Interview: Twitter Spaces mit Elon Musk und Pro-Censorship BBC Redakteur James Clayton
Der Umgang mit Censorship auf Twitter vor und nach der Übernahme von Elon Musk ist ein viel diskutiertes Thema, das einen ganzen Newsletter füllen könnte – wer sich aber mehr damit beschäftigen möchte, dem empfehle ich den Twitter Spaces Talk mit Elon und einem BBC-Reporter, der sich für Censorship ausspricht. Interessanterweise erzählt sein 90-Sekunden-Supercut des 1,5-stündigen Gesprächs und der dazugehörige Artikel ein anderes Narrativ als das Gespräch selbst. Aber bildet euch selbst eine Meinung:
Tool: Humata
Wir probieren aktuell im Team viele AI-Tools aus – Humata fasst umfangreiche Dokumente zusammen und extrahiert relevante Informationen. Das Interface funktioniert wie ein Chatbot, man kann also direkt Fragen zum Inhalt des Dokuments stellen. Um sicherzustellen, dass die Informationen richtig wiedergegeben wurden, sollte man sich auf jeden Fall die Quellen anschauen – sie werden von Humata im Dokument verlinkt und gehighlighted.
**Buch: **Ein N**** darf nicht neben mir sitzen.
Ein wirklich wichtiges Thema, nicht erst seitdem wir uns die Frage stellen müssen, ob mit Twitter-Daten trainierte KI’s rassistische Züge entwickeln: Alltagsrassismus.
Ich habe David vor einigen Jahren bei 3nach9 kennengelernt, wo er dieses Buch vorgestellt hat. Daher diesen Urlaub mal kein Productivity-Buch, sondern ein Werk, dass zum Nachdenken anregt und einige wirklich wichtige Fragen aufwirft. 🙏🏼