Wie schaffen wir es, Pioniere in Deutschland zu halten?
Deutschland verliert nach und nach seine Zukunftsträger. Der Verkauf von Viessmann an den US-Player Carrier Global, der letzte Woche öffentlich wurde, hat einmal mehr gezeigt:
Wir müssen bessere Bedingungen für zukünftige Industrien und Pioniere in Deutschland schaffen, wenn wir die Zukunft mitgestalten wollen. Deutschland/Europa 🇪🇺 droht die Bedeutungslosigkeit.
Ich kenne Max Viessmann und schätze ihn als aufrichtigen und engagierten Unternehmer. Den Verkauf kann man aus europäischer und geopolitischer Sicht aber leider nur bedauern. Natürlich kann jeder über das Lebenswerk seiner Familie frei entscheiden, aber ich hätte gerne mehr deutsche “Hidden Champions”. Ich hoffe, dass die Familie einen Teil der Erlöse im europäischen Ökosystem re-investiert und wir so mindestens einen neuen, führenden Player in einem Zukunftsmarkt aufbauen können.
Aber: Wie können wir verhindern, dass zukünftig noch weitere wichtige Player aus der deutschen Wirtschaft abwandern? In meinen Augen braucht es Veränderung in mehreren Bereichen.
Von der Politik: Bessere Bedingungen & Anreize
Wir sollten sicherstellen, dass führende Unternehmen nicht nur eine Chance haben, in Deutschland und Europa zu entstehen, sondern auch einen Anreiz, hierzubleiben. Für das Wärmepumpengeschäft von Viessmann war der Inflation Reduction Act der USA und der bessere Kapitalmarkt sicherlich ein starkes Argument. Was ist unsere europäische Antwort?
Anstatt uns in Deutschland über zukünftig günstigere Wärmepumpen aus China zu freuen, sollte unser Wirtschaftsminister auch hierzulande bessere Bedingungen und Anreize für Unternehmen schaffen. Ja, wir brauchen in diesen Zeiten eine progressive Industrie-Politik.
Andere Nationen schaffen bereits seit Jahren bessere Bedingungen für Innovationen: China setzt in seinen 5-Jahres-Plänen schon länger den Fokus auf die KI-Entwicklung und will zur führenden KI-Macht werden. In El Salvador entsteht eine Bitcoin City, das Land will von der Krypto-Entwicklung profitieren. Präsident Nayib Bukule kündigte zudem gestern auf Twitter an, dass zukünftig keine Steuern mehr auf die Entwicklung technologischer Innovationen, Software und Hardware anfallen sollen:
Ich sage nicht, dass wir exakt diese Maßnahmen 1zu1 kopieren sollten, aber es sind hoffentlich Denk-Impulse für unsere Politiker. Und natürlich heisst das auch nicht, dass die Regierungen/Politiker in allen Bereichen die richtigen Impulse setzen. Es ist aber interessant zu sehen, wie progressiv andere Länder Innovationen fördern und Köpfe & Kapital für Ihr Land begeistern.
Von der Wirtschaft: Mehr Investitionen ins deutsche Ökosystem
Aber nicht nur die Politik ist gefragt. Es muss uns gelingen, eine positive Spirale für Innovationen zu starten. Wir können und sollten es nicht kopieren, aber das Silicon Valley zeigt, wie die Venture-Capital-Szene mutig und mit großen Beträgen ins US-amerikanische Ökosystem investiert. Auch große Unternehmen re-investieren einen Teil ihrer Gewinne in aussichtsreiche, neue Player. Bestes Beispiel: OpenAI. Nachdem Microsoft im Januar 10 Milliarden Dollar investiert hatte, legen jetzt eine Reihe von US-Investoren (darunter Tiger Global, Sequoia Capital, Andreessen Horowitz) noch einmal 300 Millionen Dollar nach – bei einer Bewertung von ca. 28 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: SAP, das wertvollste DAX-Unternehmen, ist aktuell mit 149 Milliarden Euro bewertet.
Ich habe übrigens mit dem CEO des “deutschen” OpenAIs – Aleph Alpha – gesprochen. Das Gespräch erscheint nächste Woche in meinem Podcast und auf Youtube.
Auch deutsche Konzerne sind zu großen Investitionen in Zukunftstechnologien bereit – allerdings landen die bislang vorrangig in den USA. Bosch übernimmt in Kalifornien eine Chip-Fabrik von TSI Semiconductors für 1,5 Milliarden Dollar. Auch hier nennt das Handelsblatt als treibenden Faktor die US-Subventionen.
Von unseren Medien: Mehr Kompetenz & Enthusiasmus für Technologie & Innovation
Auch die Medien können einen großen Einfluss auf den Erfolg deutscher Unternehmen haben. Doch in immer mehr Redaktionen scheinen “Clickbait”-Headlines und Kritik sich gegenüber faktenbasierter Berichterstattung und positiven News durchzusetzen. Bestes Beispiel: Der SpaceX Starship Launch vor zwei Wochen.
Die Berichterstattung zum SpaceX Starship Launch hat einmal mehr gezeigt, dass es in einer Reihe von Redaktionen an Background-Wissen fehlte, um diesen Testflug einordnen zu können. Denn: Die Explosion war geplant, hätte sogar noch früher stattfinden sollen. Das SpaceX-Team und auch wir bewerten den Testflug als großen Erfolg. Es konnten viele wertvolle Daten gesammelt werden, um die Rakete weiterzuentwickeln. Schafft das Team es, die Rakete irgendwann sicher ins All zu befördern, könnten wir zukünftig 50 Mal so viel Payload zum gleichen Preis ins All transportieren, wie heute. Ob und wann dem SpaceX Team das gelingt, bleibt abzuwarten. Aber ich hoffe, die deutsche Medienlandschaft wird dieses Ereignis als Erfolg anerkennen, anstatt erneut Kritik zu üben.
10xDNA Portfolio: Erleben wir mit Meyer Burger ein Comeback bei der deutschen Solarindustrie?
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass wir unsere Vorreiter-Position in einer nachhaltigen Zukunftsindustrie verlieren: In den 1990ern und 2000ern zählte die deutsche Solarindustrie zu den weltweit führenden – doch während China weiter konsequent in den Ausbau investierte, reduzierte die deutsche Regierung die Subventionen und so verloren deutsche Hersteller den Anschluss.
Glücklicherweise haben wir mit Meyer Burger jetzt wieder ein starkes Unternehmen mit Sitz in Deutschland, mit dem Potenzial, Solarzellen aus Deutschland erneut zum Exportschlager zu machen. Wir haben im Rahmen unseres 10xDNA Research Prozesses mit dem Meyer Burger CEO Gunter Erfurt über seine Pläne gesprochen:
Dies ist keine Anlageberatung. Bitte informiert euch vor einer Geldanlage über die Risiken und beachtet unsere Offenlegungen auf 10xdna.com/info
Freigeist Update: Wie steht es um Lilium?
Immer wieder kam in den letzten Wochen die Frage auf, wie es nach dem Tech-Sell-Off um Lilium steht und wie das Team die weitere Entwicklung bis zur Zertifizierung und dem ersten bemannten Flug finanzieren will. Am Mittwoch gab es hierzu ein Update von Lilium:
“Lilium Announces Capital Raise for Up to $250 Million, with $100 Million Funded at Close”
Ich habe nach längerer Zeit noch mal das Lilium-Team im Headquarter bei München besucht und über 1h mit CEO Klaus Roewe und Gründer Daniel Wiegand über Finanzierung, Produkt Entwicklung, Zertifizierung, Markt-Start u.v.m. gesprochen:
Wichtig: Dies ist keine Anlageberatung, ich bin nach wie vor umfangreich in Lilium investiert.
Google fürchtet Open Source: “We have no moat”
KI-News reissen nicht ab ;-) In einem angeblich geleakten, internen Google-Dokument beschreibt ein Research-Mitarbeiter von Google, dass die wahre Gefahr für Google im Bereich KI nicht von OpenAI, sondern von Open Source ausgehe. In nur wenigen Wochen, seitdem ein LLaMA Modell von Meta in die Hände der Öffentlichkeit geraten war, hat die Open Source Community Google und OpenAI eingeholt und viele Probleme gelöst, an denen die großen Konzerne noch immer stocken.
“We have no secret sauce. Our best hope is to learn from and collaborate with what others are doing outside Google. We should prioritize enabling 3P integrations.”
Laut der Empfehlung des Researches sollte Google sich auf 3rd-Party-Integrationen und die Bereitstellung des Ökosystems fokussieren. Aktuell profitiert Meta von den Open Source Entwicklungen, da sie auf dem Grundgerüst ihres LLMs basieren und sich somit einfach in Metas bestehendes Modell integrieren lassen.
Hier der ganze Artikel, wirklich empfehlenswert.
Es bleibt spannend, wer mit den neuen AI-Technologien langfristig viel Geld verdient. Ist es Google, OpenAI oder wird es „Commodity“? Was ist eure Prognose?
Ludwig-Erhard-Gipfel 2023
Ich war gestern auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee, wo sich jedes Jahr die führenden Köpfe aus Politik und Wirtschaft treffen, um über die Zukunft Deutschlands zu sprechen. Auch ich durfte einige spannende Gespräche führen. 🙏
Medien- und Tool-Empfehlungen:
Podcast: All in Podcast E125: SpaceX Launch
In der vorletzten Folge vom All In Podcast, den ich sehr regelmäßig höre, ordnen Chamath Palihapitiya, Jason Calacanis, David Sacks, Antonio Gracias und Gavin Baker den SpaceX Launch imho sehr fundiert ein.
Ted-Talk: Why AI Is Incredibly Smart — and Shockingly Stupid | Yejin Choi | TED
Auch wenn das Rennen um die stärkste KI in vollem Gange ist, sind die Fähigkeiten in einigen Bereichen noch sehr beschränkt. Einige lustige, aber auch interessante Beispiele hierfür im TED-Talk von Yejn Choi:
Tool: Midjourney
Midjourney ist eines der führenden AI-Image-Tools, ihr habt sicher alle schon mal davon gehört. Interessant bei Midjourney ist, wie sehr die Qualität der Bilder von der Qualität der Prompts abhängt. Wie bei allen AI-Tools werden wir als Menschen erst mal lernen müssen, damit umzugehen. Mein Team arbeitet sich hier gerade ein – hier der aktuelle Stand ;-) :
created with Midjourney
**PS: Wir steuern mit dieser 9. Ausgabe auf 99.000 zu 🎉 Natürlich lassen wir uns für die 100.000 was einfallen! DANKE für euer Interesse **🙏